Warum Barfüßigkeit natürlich ist...

Warum Barfüßigkeit natürlich ist...

... Schuhe tragen aber nicht.


Daniel Däuber - Juli 15, 2019

 

Im vorherigen Blog hatten wir über's Barfuß gehen und laufen gesprochen. Ich hatte euch erzählt, dass meine Knieprobleme und Rückenschmerzen genau in dem Moment verschwanden, in dem ich anfing in Barfuß-Schuhen zu joggen. Diesmal reden wir darüber, warum man von Barfuß-Schuhen trotzdem keine Wunder erwarten darf und was man beim Umstieg beachten sollte. Ich erkläre euch auch, welchen Einfluss normale Schuhe, Barfuß-Schuhe und wirklich barfuß sein auf die Gesundheit haben. Fangen wir mit meiner eigenen Erfahrung an, und schauen danach mal, was Experten sagen.

Was ich nicht erzählt habe

Ich muss etwas gestehen: Ich habe die Geschichte über meinen Umstieg von normalen Laufschuhen hin zu Barfuß-Schuhen letztes Mal etwas zu früh beendet. Und ich habe zudem etwas unterschlagen. Nämlich, dass der Wechsel nicht ganz problemlos war. Meine Rücken- und Knieprobleme nach einer Runde Laufen waren zwar wie weggeblasen, dafür kamen aber neue Probleme. Am Tag nach meinem ersten Lauf in den neuen Barfuß-Schuhen hatte ich ziemlich heftigen Muskelkater in den Waden. Den hatte ich vorher eigentlich nie. Ein paar Tage später ging ich wieder laufen, und danach taten eine ganze Weile lang meine Schienbeine , Füße und Fußgelenke weh. Woher kam denn das, wo Barfußlaufen doch so gesund sein soll?

Diese Fehler solltet ihr nicht machen

Bevor ich meine neuen Barfuß-Schuhe bestellt und ausprobiert habe, habe ich natürlich recherchiert. Es wurde empfohlen, dass man behutsam und schonend auf Barfuß-Schuhe umsteigen sollte. Man solle die Schuhe ein paar Tage lang erstmal nur ein paar Stunden zu Hause fragen. Wenn man dann das erste Mal laufen geht, sollte man nur etwa 10-20% seiner üblichen Strecke laufen, und dann bei jedem folgenden Lauf ein kleines bisschen weiter laufen. So gewöhnt man die Muskeln und Sehnen langsam an die ungewohnte neue Belastung. Habe ich beides nicht gemacht. Das war mein erster Fehler: Ich habe zu viel, zu früh gemacht. ich bin nämlich fröhlich meine übliche Laufstrecke von etwa 4 km gelaufen, und dann einfach weiter bis ich plötzlich doppelt so weit wie sonst gelaufen war. Warum ich das gemacht habe? Nun, obwohl ich es eigentlich besser wusste, wollte ich einfach nicht aufhören, weil das Laufgefühl in den neuen Barfuß-Schuhen so toll war. Denn ich "schwebte" über die Waldwege "wie auf Wolken".

"Moment!", sagt ihr jetzt bestimmt. "Wieso wie auf Wolken? Barfuß-Schuhe haben doch gar keine Federung!" Stimmt. Die Sohlen der meisten Barfuß-Schuhe sind so dünn, dass man sie sogar aufrollen kann wie einen Socken. (Versucht das mal mit normalen Laufschuhen). Genau deshalb läuft man aber wie auf Wolken, denn die dünne Sohle zwingt einen nämlich anders (richtig) zu laufen. In gepolsterten Hightech-Sportschuhen kommen die Meisten nämlich zuerst mit der Ferse auf und rollen den Fuß dann zu den Zehen hin ab. In Barfuß-Schuhen dagegen ist es genau umgekehrt: Man kommt auf Fußballen (dem Vorfuß) auf, und senkt dann langsam die Ferse ab. Das natürliche Fußgewölbe, die Wade, die Achillessehne und alle möglichen anderen Muskeln, Bändern und Sehnen in Füßen und Unterschenkeln sind die natürliche Federung unseres Körpers. Wenn man jahrelang normale Schuhe trägt und über die Ferse läuft, sind all diese Muskeln, Sehnen und Bänder aber geschwächte wie nach einem Winterschlaf und brauchen eine ganze Weile um wieder stark zu werden.

Es hat ein paar Jahre gedauert, bis ich wegen der Schmerzen in Fußgelenken und Schienbeinen mal mit einem Arzt geredet habe. Der war selbst ein Läufer und gab mir schließlich die entscheidenden Tipps. Er sagte, dass Vorfuß-Laufen nicht bedeutet, dass die Ferse nicht den Boden berühren dürfe. Ich solle versuchen, die Ferse ganz leicht den Boden "küssen zu lassen". Und zudem sollte ich kürzere Schritte, dafür aber mehr Schritte in der selben Zeit machen. Das war mein zweiter Fehler: Falsche Lauftechnik. Ich bin davor zwar auf dem Vorfuß aber trotzdem völlig falsch gelaufen. Der Kopf sollte sich beim Laufen etwa auf einer Linie vorwärts bewegen. Ich bin dagegen wie ein Reh "auf und ab gehüpft" und habe durch zu viel zu weite Schritte die Muskeln , Sehnen und Gelenke überbeansprucht. Durch die Tipps habe ich meine Lauftechnik endlich korrigiert und seitdem keine Probleme mehr. Inzwischen sind meine Beine und Füße kräftig genug, um einen Halbmarathon zu laufen - ohne Schmerzen im Rücken, in den Knien oder den Fußgelenken.

Macht mal den Selbstversuch

 

Wenn ihr herausfinden wollt, ob Laufen in Schuhen oder Barfuß wirklich einen Unterschied macht und könnt das ganz einfach mal selbst versuchen. Wenn ihr beim Laufen mit Schuhen normalerweise auch zuerst mit der Ferse aufkommt, lauft doch mal ein Stück ganz normal, und dann eine kurze Strecke auf den Fußballen. Wechselt ein paar mal hin und her. Ihr spürt wahrscheinlich, dass jedesmal wenn ihr wieder mit der Ferse zuerst aufkommt, eine kurze Schockwelle durch Knie und Rücken bis hin zum Kopf läuft. Diese Schockwellen sind es unter anderem, was Rücken- und Gelenkschmerzen verursachen. Oder Kopfschmerzen, wie bei einem Freund von mir. Oder noch besser: Zieht einfach mal die Schuhe aus und rennt los. Ihr merkt sicher schon bei den ersten paar Schritten, dass die Ferse schmerzt und dass ihr dann ganz automatisch anfangt auf den Zehenballen zu laufen. Beide Versuche zeigen, dass moderne Laufschuhe und Sneakers mit ihren Schaumstoffen und Luftpolstern uns zu einem unnatürlichen Laufstil verleiten. Wir landen dagegen fast automatisch auf den Fußballen, wenn wir barfuß laufen, was der natürliche Laufstil des Menschen ist. 

Gesunde Füße - und alles darüber

Gesunde Füße sind wichtig im Alltag, weshalb das Barfuß trainieren beim Karate Training auch so vorteilhaft und und wichtig für unsere natürliche Beweglichkeit ist. Vielleicht ist es bis hierhin schon deutlich geworden, warum wir diese Serie "Gesunde Füße - und alles darüber" genannt haben. Unsere Füße haben nämlich Einfluss auf alles, was darüber, also weiter im Körper oben geschieht. Nicht nur beim Laufen oder beim Sport, sondern auch beim Gehen und Stehen. Sie beeinflussen unsere Haltung, und damit unsere Gelenke und die Wirbelsäule. Fehlhaltungen können zu chronischen Schmerzen, Gelenkverschleiß und Kopfschmerzen führen. Bei älteren Menschen kommt es oft zu Stürzen durch Probleme mit der Balance, weil die Fußmuskulatur stark geschwächt ist. Und alles beginnt mit den Schuhen! Neben den vorher erwähnten gepolsterten Sohlen sind auch diese Faktoren ein Problem für unsere Füße:

• Einengende Fußform - Zu eng oder zu spitz zulaufend.

• Zu breite / zu hohe Sohle - Fördert Umknicken in unwegsamem Gelände.

• Hochgebogener Zehenbereich (engl. toe spring) - Führt zu falscher Zehenstellung.

• "Stützendes" Fußbett - Schwächt das Fußgewölbe und führt zu Plattfüßen.

• Erhöhter Absatz (engl. heel lift)- Führt zu falscher Gelenkbelastung und Rückenbeschwerden.

Nicht nur für Frauen ist ein hoher Absatz ist ein Problem, denn auch Herrenschuhe haben oft einen Absatz. Der stammt noch aus der Zeit als unsere Schuhe und Stiefel beim Reiten auf Pferden guten Halt in den Steigbügeln brauchten. Über die Zeit ist der Absatz dann aber zur Mode geworden. Wenn ihr jetzt denkt, "Glück gehabt, ich trag ja nur Sneakers und die haben keinen Absatz!", dann habt ihr euch... leider zu früh gefreut! Denn auch Sneakers haben meistens einen "Absatz": Die starke Polsterung unter der Ferse! ...Glaubt ihr nicht? Na dann schaut euch mal das erste Bild im nächsten Abschnitt an.

Was sagen die Experten?

Lee Saxby ist ein international anerkannter Lauftechnik-Trainer, Experte für Biomechanik und gesunde Füße. Er hat über viele Jahre mit namhaften Firmen wie Joe Nimble und Vivobarefoot zusammengearbeitet, und half ihnen ihre Barfußschuhe zu verbessern. Die Auswirkungen von gefederten Sneakers macht Lee an diesem Bild anschaulich.

Es zeigt den Fuß in einem längs aufgeschnittenen Sneaker. Man kann gut die erhöhte Ferse (heel lift) und den angehobenen Zehenbereich (toe spring) erkennen. Das bringt den Fuß in eine unnatürliche Position und führt unter anderem zu Verkürzungen der Achillessehne. (Das merkt man z.B. daran, das die Ferse nicht mehr den Boden berühren kann, wenn man in die Hocke geht). Es führt aber auch zu einer zu erhöhten Belastung der Zehengrundgelenke und zu schmerzenden Füßen, was man im Bild unten an den sehr dunklen Druckstellen im Ballenbereich sehen kann. Mehr solcher Beispiele findet ihr auf Lee Saxbys Instagram-Page @coachleesaxby oder diesem Link: 

www.instagram.com/coachleesaxbv

Barfuß-Experten sind auch die Leute der Firma Vivobarefoot, einem Englischen Hersteller von Barfußschuhen. Man kann den Unterschied von "normalen" und funktionalen Schuhen schön im folgenden Bild gegenüber gestellt sehen. Links mit erhöhter Ferse und angehobenem Zehenbereich, rechts mit gleichmäßig flacher Sohle. 

 

Wozu so ein erhöhter Absatz auf Dauer führen kann, ist in diesem Bild des jungen Deutschen Schuhherstellers Feelgrounds auf dramatische Weise deutlich gemacht. Auf der rechten Seite sieht man deutlich wie es zu Haltungsproblemen durch verschobene Körperachsen (rote Striche) und zu Belastungen in Gelenken und der Wirbelsäule kommt. Wie schon gesagt: Das passiert nicht nur mit Stöckelschuhen, sondern auch bei Businessschuhen und bequemen Sneakers. Links dagegen in grün ist alles so wie es sein sollte. Alle Achsen sind gerade und parallel, die Haltung ist aufrecht und der Körper ist in Balance. Genau wie es im Karate sein sollte.

Obwohl es in dieser Serie viel um das Barfuß-Laufen und um Laufschuhe ging, möchte ich betonen dass man gesunde Füße nicht allein durchs "barfuß" Joggen mit der richtigen Lauftechnik bekommt. Viel wichtiger als vereinzelte Laufeinheiten ist es laut Lee Saxby aber, regelmäßig und so oft wie möglich Barfuß zu sein.

Zu Hause und im Karate-Training ist schon mal ein sehr guter Anfang. In der Schule und auf der Arbeit ist das Barfuß sein aber... naja, etwas schwierig. Deshalb schauen wir uns im dritten Teil von "Gesunde Füße - und alles darüber" an, wie man auch dort etwas für die Gesundheit seiner Füße tun kann ohne den Mitschülern und Kollegen seine bloßen Füße zu zeigen.

 

 

 

Danke für diesen interessanten Artikel an Daniel Däuber!

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